BAPCOC 2024-Leitfaden: Amoxicillin-Empfehlungen bei Harnwegsinfektionen

Der BAPCOC 2024-Leitfaden (Belgian Antibiotic Policy Coordination Committee) aktualisiert belgische Empfehlungen zum richtigen Einsatz von Antibiotika, insbesondere angesichts der wachsenden Bedrohung durch bakterielle Resistenzen.

Harnwegsinfektionen (HWI) nehmen aufgrund ihrer hohen Häufigkeit in der Allgemein- und Krankenhausmedizin einen wichtigen Platz ein.

Harnwegsinfektionen können jedes Alter und Geschlecht betreffen, obwohl Frauen aufgrund anatomischer Faktoren häufiger betroffen sind. Die Frage der Verwendung von Amoxicillin, ein altes und häufig verschriebenes Antibiotikum, wird derzeit angesichts der wachsenden Resistenz bestimmter Bakterienstämme neu bewertet.

Detaillierte Klassifizierung von Harnwegsinfektionen

Der BAPCOC 2024-Leitfaden unterscheidet verschiedene Arten von Harnwegsinfektionen, abhängig von der Lokalisation, dem Schweregrad, dem Patientenhintergrund und dem Vorhandensein von Risikofaktoren. Diese Einteilung ist für die Festlegung einer geeigneten Therapiestrategie von entscheidender Bedeutung:

Akute unkomplizierte Blasenentzündung

Es handelt sich um die häufigste Infektion der unteren Harnwege, die hauptsächlich bei gesunden jungen erwachsenen Frauen ohne anatomische oder funktionelle Anomalien des Harnsystems auftritt.

Es wird oft verursacht durch Escherichia coli (> 80 % der Fälle) und spricht im Allgemeinen gut auf eine kurze Antibiotikabehandlung an.

Komplizierte Blasenentzündung

Diese Form wird diagnostiziert, wenn ein oder mehrere komplizierende Faktoren vorliegen:

  • Schwangerschaft
  • Diabetes
  • Immunsuppression
  • Vorhandensein eines Fremdkörpers (z. B. Sonde)
  • Vorgeschichte wiederkehrender Harnwegsinfektionen
  • urogynäkologische Anomalien

Erreger sind oft resistenter und die Behandlungsdauer ist länger.

Akute Pyelonephritis

Dies ist ein Infektion der oberen Harnwege (Nieren) , oft fieberhaft, was von Schüttelfrost, Schmerzen im unteren Rücken, Übelkeit und einer Verschlechterung des Allgemeinzustands begleitet sein kann.

Diese Situation erfordert eine aggressivere Behandlung, manchmal im Krankenhaus, und basiert auf einem kombinierten Ansatz: empirische Antibiotikatherapie, dann angepasst an das Antibiogramm.

Harnwegsinfektionen bei Männern

Beim Menschen Harnwegsinfektion wird aufgrund der Häufigkeit einer damit verbundenen Prostatabeteiligung als kompliziert angesehen.

Die Behandlung ist daher länger und muss anatomische und mikrobiologische Besonderheiten berücksichtigen (z. B.: Proteus, Klebsiella, Enterococcus).

UI im Zusammenhang mit Pflege oder einem medizinischen Gerät

Nosokomiale Harnwegsinfektionen, insbesondere bei Patienten mit Blasenkathetern oder auf der Intensivstation, sind häufig polymikrobiell, resistent und werden durch Bakterien mit hohem Resistenzpotenzial verursacht (wie etwa Enterobacteriaceae, die β-Lactamasen mit erweitertem Spektrum produzieren).

Antibiotikatherapie orientiert sich an mikrobiologischen Proben.

Anwendung von Amoxicillin gemäß dem BAPCOC-Leitfaden 2024

Der BAPCOC-Leitfaden gibt an, dass Amoxicillin nicht als Erstlinienbehandlung für einfache Zystitis verwendet werden sollte, da eine hohe Resistenzrate besteht. E. coli Harnwege in Belgien. Andererseits bleibt seine Verwendung in bestimmten, genau definierten klinischen Kontexten angezeigt.

Die Gabe von Amoxicillin ist gerechtfertigt, wenn mikrobiologische Belege vorliegen, die die Empfindlichkeit des verantwortlichen Stammes belegen, insbesondere bei Harnwegsinfekten gegenüber Enterococcus faecalis, einem Bakterium, das von Natur aus empfindlich auf dieses Molekül reagiert. Dies ist insbesondere bei bestimmten Blasenentzündungen oder Pyelonephritiden bei älteren Patienten oder in Einrichtungen der Fall.

Bei schwangeren Frauen die Verwendung von Amoxicillin ist nach Dokumentation durch Urinkultur aufgrund des guten fetalen Verträglichkeitsprofils und der Notwendigkeit einer systematischen Behandlung einer asymptomatischen Bakteriurie in diesem Zusammenhang möglich.

Die Kombination Amoxicillin-Clavulansäure (Co-Amoxiclav) wird bei bestimmten komplizierten Infektionen bevorzugt, insbesondere als Folgemaßnahme zur parenteralen Behandlung oder bei Vorhandensein von β-Lactamase-produzierenden Bakterien.. Es ist auch bei mittelschwerer Pyelonephritis angezeigt, wenn die Bakterien empfindlich sind.

In der Pädiatrie wird Amoxicillin manchmal noch verschrieben, insbesondere bei fieberhaften Harnwegsinfektionen bei Säuglingen oder Kindern, abhängig von den lokalen Empfehlungen und dem identifizierten Keim.

Bakterielle Resistenz und Relevanz der Therapiewahl

Der wachsende Widerstand der Harnbakterien, insbesondere E. coli, auf Amoxicillin allein ist gut dokumentiert. In Belgien liegen die Resistenzraten häufig über 50 %, was dieses Molekül für die empirische Behandlung unzuverlässig macht, außer in sehr gezielten Fällen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie in Klinische Mikrobiologie und Infektion (2023) bestätigt diesen Trend in Europa und hebt die sehr unterschiedliche Wirksamkeit von Amoxicillin je nach geografischem Gebiet und Art der Infektion hervor.

Der systematische Einsatz einer Urinkultur mit Antibiogramm wird daher empfohlen, sobald eine Infektion kompliziert oder rezidivierend ist oder die Erstlinientherapie versagt.

Praktische Empfehlungen für medizinisches Fachpersonal

Art der Harnwegsinfektion Amoxicillin allein Amoxicillin + Clavulansäure Kommentare
Unkomplizierte Blasenentzündung Nicht empfohlen Nicht empfohlen Hohe Resistenzrate (>50 %)
Blasenentzündung bei Schwangeren Möglich bei empfindlichem Keim Möglicherweise, wenn die Produktion von β-Lactamase Obligatorische Urinkultur
Blasenentzündung E. faecalis Ja (gute Empfindlichkeit) Nicht notwendig Natürlich empfindlicher Keim
Pyelonephritis Keine empirische Monotherapie Ja (laut Antibiogramm) Relaisbehandlung nach IV-Form
UI bei Männern Wird selten allein verwendet Möglich, wenn dokumentiert Sonderfälle
Fieberhafter Harnwegsinfekt bei Kindern Bei Eignung möglich Ja, bei einer komplizierten Infektion Im Krankenhaus oder unter verstärkter Überwachung

Perspektiven und bewährte Verfahren

Amoxicillin ist im Zusammenhang mit Harnwegsinfektionen weiterhin therapeutisch nützlich, sein Einsatz muss jedoch gezielt und begründet erfolgen und auf mikrobiologischen Belegen beruhen.

Der weitverbreitete Einsatz empirischer Antibiotika, die kurzfristig wirksamer sind, aber über ein breiteres Spektrum verfügen, fördert die Entstehung von Resistenzen. Ein individueller Behandlungsansatz unter Berücksichtigung des Terrains, des Infektionsorts und der lokalen Resistenzdaten ist unerlässlich.

Für Patienten

  • Brechen Sie die Antibiotikabehandlung nicht ohne ärztlichen Rat ab.
  • Nehmen Sie Antibiotika genau nach Anweisung ein.
  • Vermeiden Sie die Selbstmedikation mit übrig gebliebenen Antibiotika.

Für Profis

Die regelmäßige Konsultation nationaler Empfehlungen (BAPCOC) und der systematische Einsatz von Antibiogrammen bei komplizierten Infektionen sind wesentliche Hebel für eine verantwortungsvolle Antibiotikatherapie.

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Zusätzliche Ressourcen und Referenzen